Leserbrief von Maximilian Frisch, stv. Fraktionsvorsitzender

30. Januar 2017

Leserbrief zum Artikel „„Planungswerkstatt“ bindet Wendelsteins Bürger ein“. Im Artikel wird das von der SPD geforderte Leitbild für Wendelstein von Bürgermeister und CSU-Fraktion als unnötig und zu langwierig bezeichnet. Als einer der Gemeinderäte, die sich bereits länger mit diesem Thema befassen, möchte ich daher einige Punkte ergänzen:

Ein Leitbild ist eine mittel- und langfristige Zielvereinbarung, in welche Richtung sich eine Gemeinde entwickelt. Es umfasst Ziele in den einzelnen Politikbereichen und Themenfeldern sowie Maßnahmen zur Umsetzung; erdacht wird ein solches Leitbild in einem offenen Prozess, bei dem alle Beteiligten und vor allem die Bürger zu Wort kommen. Denn die gemeinsame Verständigung auf ein Ziel und den Weg dorthin macht Politik verständlicher und nachvollziehbarer – und die wird dann auch eher mitgetragen als immer neue Ideen, die aus heiterem Himmel kommen. Daher ist das Konzept auch nichts revolutionär Neues, sondern ein in vielen Gemeinden bereits erfolgreich erprobtes Mittel. Mir begegnet es auf nahezu jeder Fortbildung für ehrenamtliche Gemeinderäte.

Der Entwicklungsprozess wird meistens von professionellen Kommunikationstrainern begleitet. Er kann selbstverständlich parallel zu anderen politischen Maßnahmen stattfinden und würde daher die Gemeinde mitnichten „um zehn Jahre zurückwerfen“, wie dies der Bürgermeister nach einer (nach eigenen Angaben) Suche bei Google vermutet.

Überflüssig ist ein Leitbild für Wendelstein meiner Meinung nach nicht. Zwar verweisen der Bürgermeister und die CSU-Fraktion auf einzelne Konzepte und Ideen in Teilbereichen. Das im Bau befindliche Seniorenzentrum etwa ist ja eine Folge der Befragung der Bewohner über 55 in Wendelstein. Das allein ist aber eben noch kein Leitbild. Und es ist schon ein Unterschied, ob einzelne Personen in den Köpfen oder in Schubladen Konzepte haben mögen, oder ob die Öffentlichkeit davon Kenntnis hat und sogar gefragt wurde.

Wo gibt es – auf der Homepage der Gemeinde, oder auch im Rathaus – ein verbindliches Konzept, wohin sich diese Gemeinde in den nächsten 10-20 Jahren entwickeln soll? Wo sind Ideen zum Bildungsstandort, zur Kultur, zur Zukunft der Vereine? Ich bin seit drei Jahren Mitglied dieses Gremiums. In dieser Zeit hat weder der Gemeinderat als Gremium noch der Bürgermeister jemals diese Frage ernsthaft diskutiert. Stattdessen wird immer mal wieder auf sich anbahnende Probleme reagiert, werden die Pflichtaufgaben auch gut erledigt – aber warum wir letztlich eine Halle sanieren, eine Baumaßnahme so durchführen und nicht anders basiert selten auf einer tieferen Idee. Verwaltungshandeln kann so aussehen, Planungshoheit und weitsichtige Kommunalpolitik funktioniert aber anders. Mit einer öffentlich entwickelten und diskutierten, vor allem aber verbindlichen Vision, was diese Gemeinde ist und was sie in Zukunft sein soll und welche Handlungen daraus folgen hat das in der Sitzung von CSU-Gemeinderäten skizzierte „Wendelsteiner Modell“ aber nichts zu tun.

Die Planungswerkstatt ist daher ein Schritt, der als Einzelmaßnahme sehr zu begrüßen ist. Echte Bürgerbeteiligung und echte Zukunftsplanung muss aber im Selbstverständnis der Beteiligten verankert sein und kontinuierlich gelebt und weiterentwickelt werden – daher fordert die SPD ein Leitbild mit der entsprechenden grundlegenden Änderung an der Art und Weise, wie Bürger, Politik und Verwaltung miteinander kommunizieren. .

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