Kontroverse Diskussion im Marktgemeinderat über Einführung einer Sicherheitswacht in Wendelstein

Sicherheit

27. März 2018

Die Einführung der Sicherheitswacht in Wendelstein lehnt die SPD ab. Mitglieder der Ratsfraktion sprachen sich in der Sitzung des Marktgemeinderats am vergangenen Donnersag vehement dagegen aus.

Staatsregierung spart bei der Polizei und Sicherheit

“Die jahrelange Sparpolitik bei der Neueinstellung von Polizisten sollen jetzt Ehrenamtliche auffangen”, begründete Dr. Anja Tobermann ihre ablehnende Haltung. “Dass Freiwillige, die sich aus gutem Willen melden, für eine Aufwandsentschädigung von 8 Euro pro Stunde nun Aufgaben übernehmen, die ursprünglich die Polizei erledigt hat, kann nicht sein. Wir als Gemeinde sollten keinen Niedrig-Lohn- Ersatzarbeitsmarkt unterstützen.” Es ist ohnehin zu fragen, warum die Entschädigung nicht wenigstens dem in Deutschland gesetzlichen Mindestlohn von 8,84 € entspricht. Denn übernommen werden ja Aufgaben, die ursprünglich von der Polizei ausgeführt werden sollen.

Zu wenig Polizisten

Es gibt zu wenig Polizisten und zu wenig ordentlich bezahlte Polizisten. Tatsächlich ist die bayerische Polizei nicht nur nach Ansicht der beiden Polizeigewerkschaften nicht ausreichend ausgestattet. Auch der Richterbund teilt diese Kritik am bayerischen Innenministerium und der Staatsregierung. In diesem Zusammenhang ist der Plan, die Sicherheitswacht bayernweit von 900 auf 1500 Personen auszubauen, auch eine Art Verdrehung der Wahrheit: “Hier werden ja Aufgaben ausgelagert, der Arbeitsaufwand der hier von Ehrenamtlichen übernommen wird, fällt bei der Polizei direkt also wohl nicht mehr an, ergo ist der errechnete Stellenbedarf verzerrt, so Maximilian Frisch, stellvertretender Fraktionsvorsitzender. “Dass der Staat hier außerdem das Gewaltmonopol aus der Hand gibt, missfällt mir.” Eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion ergab, dass jede zehnte Stelle bei der bayerischen Polizei unbesetzt ist. 

Wendelstein ist kein Brennpunkt

Tatsächlich ist der Sinn der Sicherheitswacht aus Sicht der SPD fraglich: In der Statistik steigen nämlich  unbedingt die Aufgabenbereiche bei denen die Sicherheitswacht die Polizei unterstützt: Straßenkriminalität ist in Wendelstein nicht das Problem, hingegen Einbruchdiebstahl und Übergriffe auf Rettungskräfte schon eher. “Die Sicherheitswacht ist also für tatsächliche Bedarfe nicht zuständig, nicht ausgebildet und muss in den meisten Fällen sowieso die Polizei verständigen – Fraglich ist also ob hier die Polizei entlastet wird? Und: Verdienen die Bürgerinnen nicht eine echte Polizei anstatt dem Einsatz von Hilfskräften?“, so Fraktionsvorsitzender Dr. Benjamin Waldmann. Von einer Sicherheitswacht zu sprechen, ist also auch irreführend. Dass hier Bürger einen Dienst an der Gemeinschaft vollbringen, steht außer Frage.

Auch die von der CSU Fraktionsvorsitzenden Cornelia Griesbeck angeführten Vorfälle mit Jugendlichen im Umfeld des Gymnasiums Wendelstein lassen sich durch eine Sicherheitswacht nicht verhindern. Dafür wäre z.B. eine Videoüberwachung an den geschilderten Stellen weitaus effizienter, kostengünstiger und abschreckender. Darüber hinaus müssten eigentlich die von der Marktgemeinde finanzierten Mitarbeiter des Jugendtreffs durch aufsuchende Betreuung der Jugendlichen für Abhilfe sorgen.

Sicherheit kann nicht nur Gefühlssache sein

Es ist wichtig, dass sich die Bürger sicher fühlen. Aber ein vielleicht subjektiver Eindruck von mehr Sicherheit kann nicht Sinn der Sache sein. Die Polizei muss besser ausgestattet und auch besser bezahlt werden. Die SPD ist daher maximal für einen befristeten Testlauf zu haben, bei dem genau geprüft wird, was die Sicherheitswacht bringt. Bayernweit gibt es aktuell bis auf ein Fallbeispiel aus Kempten keine breite empirische Auswertung.

Nach Aussage von Gerd Zenker von der Polizeiinspektion Schwabach werden allerdings keine Statistiken über Einsatz, Vorfälle, Ergebnisse und Kosten geführt. Es ist daher fraglich, ob die Aussage stimmt, dass die Sicherheitswacht in Schwabach erfolgreich ist. Selbst Bürgermeister Werner Langhans (CSU) bemerkte, dass Einbrüche durch die Sicherheitswacht sicher nicht verhindert werden können und die eigene Prävention nach wie vor das wichtigste Mittel sei.

Um aber Notwendigkeit und Effizienz einer Sicherheitswacht überprüfen zu können – mit oder ohne Probezeit, wie von der SPD verlangt – ist eine Einsatzstatistik unabdingbar. Eine solche Einsatzstatistik ist schon deshalb erforderlich, weil öffentliche Gelder verwendet werden. Bürgermeister Werner Langhans hat in Aussicht gestellt, dass die Sicherheitswacht jederzeit gekündigt werden könne. Auch für eine Entscheidung Pro oder Contra einer Sicherheitswacht ist eine solche Statistik erforderlich.

Dr. Kurt Berlinger Vorsitzender SPD OV Wendelstein

Max Frisch Stv. Vorsitzender SPD-Fraktion MGR Wendelstein

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